2, IV
O Dieses ist dast Tier, das es nicht giebt.
Sie wusstens nicht und habens jeden Falls
-sein Wandeln, seine Haltung , seinen Hals,
bis in des stillen Blickes Licht -geliebt.
Zwar war es nicht. Doch weil sie's liebten, ward
ein reines Tier. Sie liessen immer Raum.
Und in dem Raume, klar und ausgespart,
erhob es leicht sein Haupt und brauchte kaum
zu sein. Sie nährten es mit keinem Korn,
nur immer mit der Möglichkeit, es sei.
Und die gab solche Stärke an das Tier,
dass es auch sich ein Stirnhorn trieb. Ein horn.
Zu einer Jungfrau kam es weiss herbei -
und war im Silber-Spiegel und in ihr.
2, XXI
Singe die Gärten, mein Herz, die du nicht kennst; wie in Glas
eingegossene Gärten, klar, unnereichbar.
Wasser und Rosen von Ispahan oder Schiras,
singe sie selig, preise sie, keinem vergleichbar.
Zeige, mein Herz, dass du sie niemals entbehrst.
Das sie dich meinen, ihre reifenden Feigen.
Dass du mit ihren, zwischen den blühenden Zweigen
wie zum Gesicht gesteigerten Lüften verkehrst.
Meide den Irrtum, dass es Entbehrungen gebe
für den geschehnen Entschluss, diesen: zu sein!
Seidener Faden, kamst du hinein ins Gewebe.
Welchem der Bilder du auch im Innern geeint bist
(sei es selbst ein Moment aus dem Leben der Pein),
fühl, dass der ganze, der Rühmliche Teppich gemein ist.
- Rainer Maria Rilke
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